Im zweiten Teil dieser Serie überqueren wir Österreichs Grenzen und beleuchten besondere Friedhöfe in ganz Europa. Begleiten Sie uns in eine eigene kleine Welt, wo sich Natur, Gräber, Kunsthandwerk und Architektur in einzigartiger Form vereinen.
München: Alter Südfriedhof
Dieser Friedhof lag ursprünglich vor den Toren Münchens und diente als Pestfriedhof. Er wurde 1563 eröffnet und im Auftrag von Herzog Albrecht V. errichtet. Seit 1674 befindet sich die Stephanskirche auf dem Gelände. Von 1788 bis 1868 war er der einzige Friedhof Münchens, weshalb auch viele lokal bekannte Persönlichkeiten aus dieser Zeit dort begraben sind. Er ist das Gedächtnis der Stadt, umrahmt von Natur und den Namen der verstorbenen Bürger. Wer mehr über diesen Friedhof erfahren möchte, besucht am besten das Lapidarium, ein Museum in der ehemaligen Aussegnungshalle. Hier kann man die Geschichte des Friedhofs anhand von Skulpturen, Reliefs und Tafeln hautnah studieren. Der alte südliche Friedhof Münchens ist einer der schönsten Orte Münchens und dient heute als kunst- und kulturhistorisches Denkmal sowie als Naherholungsgebiet zum Spazieren und Verweilen.
Hamburg: Ohlsdorfer Friedhof
Der größte Parkfriedhof der Welt umfasst 389 Hektar Fläche, also fast vier Quadratkilometer, und ist berühmt für seinen grünen Reichtum. Nur damit Sie einen Eindruck von den gewaltigen Ausmaßen des Gebietes bekommen: Gleich zwei Buslinien mit insgesamt 22 Haltestellen führen durch das Areal! Der Friedhof ist wie ein Landschaftsgarten angelegt, mit sanften Hügeln, Teichen und Bächen. Viel Platz für Flora und Fauna: Über 450 Baumarten und seltene Tiere wie Eulen oder Fledermäuse finden hier ein Zuhause. Der Architekt und spätere Friedhofsdirektor Wilhelm Cordes ließ die Prachtanlage 1877 nach dem Vorbild eines englischen Landschaftsgartens mit historischen Bauten, Skulpturen, Mausoleen und Grabdenkmälern gestalten. Diese sind hier in vielen kleinen, für sich abgeschlossenen Friedhöfen angelegt. Es gibt heute mehrere Friedhofsführungen, drei ausgeschilderte Wege, ein Café und sogar eine eigene App zur Orientierung auf dem Gelände.
Grüne Parkvielfalt mit kunstvollen Akzenten im Ohlsdorfer Freidhof | © wikimedia & Albert Gollackner
Mailand: Cimitero Monumentale
Wie der Name schon ahnen lässt, geht es auch hier um größere Dimensionen. 1866 wurde das 250.000 m² große und symmetrisch angelegte Gelände eröffnet. Den Friedhof betritt man über einen großen Ehrenhof, die Piazza del Cimitero Monumentale. Hier steht ein großes Hauptgebäude aus weißem Marmor und Backstein mit Torbögen und Skulpturen in den Seitenarmen. Am Friedhof selbst fühlt man sich wie in einer offenen Kunstgalerie. Man erblickt unentwegt wunderbare Skulpturen, Statuen und beeindruckende Grabkunstwerke sowie eindrucksvolle Grüfte mit Prunkbauten darüber. Möglich wurde diese Opulenz an Kunstwerken, weil sich viele reiche Familien unbedingt an diesem Ort ein Denkmal setzen und vielleicht auch andere übertrumpfen wollten. Alle Themen werden dabei verarbeitet: Tod, Schmerz, Liebe, Schönheit, Trauer oder Verzweiflung. Viele Berühmtheiten sind hier begraben wie die Familie Campari, Pianist Vladimir Horowitz und auch hier ein Mozart: Carl Thomas, der Sohn von Wolfgang Amadé.
Venedig: Friedhofsinsel San Michele
Eine ganze Insel als Friedhof? Das gibt es nur in Venedig. Napoleon ließ das dort ansässige Kloster auflösen und fast komplett zerstören (es sind nur noch Reste erhalten) und zwei benachbarte Inseln zu einer aufschütten, um im Jahr 1837 einen neuen Friedhof zu errichten. Die fast rechteckige Friedhofsinsel misst 460 mal 390 Meter und ist komplett von einer Mauer umgeben. Das Innere ist angelegt wie ein griechisches Kreuz mit Zypressen entlang der beiden Hauptachsen und durch Mauern getrennte Grabfelder. Trotz späterer Erweiterungen ist hier der Platzmangel ein großes Problem. Dafür gibt es eine pragmatische Lösung: Die Totenruhe währt nur etwa zehn bis zwölf Jahre. Danach werden die Leichen exhumiert und in sogenannte Kolumbarien (Urnengräber) oder Ossuarien (Beinhäuser) verlegt. Die Gräber sind zum Teil gepflegt aber auch stark verwildert und sorgen zusammen mit der außergewöhnlichen Lage für eine ganz eigene Atmosphäre.
Paris: Cimitière du Père Lachaise
Der mit 43 Hektar größte Friedhof von Paris ist vielleicht der berühmteste Friedhof der Welt. Mehr als 3,5 Millionen Besucher kommen jedes Jahr hierher! Père Lachaise ist außerdem der weltweit erste Parkfriedhof mit ca. 70.000 Grabstätten und besteht seit 1804. Auch hier ist Platz ein Problem, sodass es heute eine lange Warteliste für Grabstätten gibt. Seine Einzigartigkeit besteht in seiner Vielfältigkeit. Grabsteine, Gewölbe, Mausoleen und Skulpturen in allen möglichen Stilen stehen hier Seite an Seite. In dem Labyrinth aus Alleen und verschlungenen Pfaden mit alten Bäumen und schier endlosen Grabstätten macht sich eine mystische Stimmung breit, wenn man nicht gerade in den Hotspots der Touristenströme unterwegs ist. Diese sind vor allem auf der Suche nach den zahlreichen Berühmtheiten, die hier liegen. Nur einige Beispiele: Oscar Wilde, Maria Callas, Frédéric Chopin oder auch Edith Piaf sind hier begraben. Das wohl meistbesuchte Grab ist das von Jim Morrison, dem früh verstorbenen Sänger der Doors. Es hat sich ein regelrechter Kult um seine Ruhestätte entwickelt mit Menschen, die Blumen, Geschenke oder Gedichte bringen und sogar am Grab musizieren aber leider auch Dinge entwenden. Inzwischen ist es durch einen Zaun geschützt.
Père Lachaise mit Grüften und dem Grab von Jim Morrison (rechts) | © wikimedia & paristouristinformation
Wir hoffen, unser Blogbeitrag konnte ihnen die Ästhetik und Faszination der europäischen Friedhofskultur näherbringen. Es gibt natürlich noch weitere wunderbare Friedhöfe die mehr als erwähnens- und sehenswert sind. Wir bleiben auf Spurensuche und werden versuchen weiter darüber zu berichten.
Ihr Steinmetzmeister Gollackner ist spezialisiert auf die Pflege und Bewahrung des Kulturguts auf Friedhöfen. Wir beraten Sie gerne, kostenlos und unverbindlich über eine mögliche Renovierung und den Erhalt Ihrer Grabstätte.
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